Manchmal sind sie selbst überrascht, wie gut ihr Angebot ankommt. „Wenn der Kinderchor hier gegen 19 Uhr eintrifft, ist sofort großer Andrang“, erzählt Christl Dür. „Manche Kinder holen sich im Laufe des Abends sogar drei- bis viermal bei uns eine Suppe. Das hätte ich vorher nicht gedacht“, ergänzt ihr Ehemann Walter. Es gibt Rinds- und Gemüsebrühe, dazu Schwarz- und Pfefferminztee. „Da kommt eigentlich jeder vorbei“, sagt Walter, vom Solisten über den Statisten bis zum Techniker. Damit verköstigen sie jeden Abend 200 bis 250 Leute. 50 bis 60 Liter Suppe sind da schnell verbraucht.
Lange Arbeitstage
Bereits zuhause in Lauterach bereiten sie die Suppeneinlagen vor. Heute haben sie Backerbsen, Suppennudeln und Grießnockerl mit nach Bregenz gebracht. An einigen Tagen kommt noch Gemüse hinzu – Variation ist den beiden wichtig. „Zu einseitig soll es ja nicht werden“, sagt Walter mit einem offenen Lächeln. Zwei Monate lang, vom Start der Proben auf der Seebühne im Juni bis zur letzten Vorstellung, sind die beiden Angestellte der Bregenzer Festspiele. Um 17.30 Uhr treffen sie auf der Hinterbühne ein, Feierabend machen sie kurz vor Mitternacht. Nach 23 Uhr, wenn die letzte Arie verklungen ist, wird es bei ihnen noch einmal richtig voll.
Mädchen für alles
Die „Suppen- und Teefeen“ heißen die Dürs bei einigen Mitarbeitern der Festspiele. Diese Charakterisierung haben sie sich redlich verdient. Denn sie stehen für weit mehr Sonderwünsche zur Verfügung: Mückenspray, Pflaster, Kopfschmerztabletten haben die beiden nach entsprechenden Anfragen in ihr Sortiment aufgenommen. An diesen Job sind sie im Jahr 2010 durch eine Bekannte gekommen. Aus der Gastronomie stammen beide nicht: Christl war bis zu ihrer Pensionierung Altenpflegerin, Walter baute mobile Trennwände.
Internationales Umfeld
Bei diesem Festival fühlen sie sich pudelwohl – auch wenn sie keine ausgesprochenen Opernfreunde sind. „Das Geschehen auf der Bühne und der Hinterbühne fasziniert uns, die Arbeit mit Menschen aus aller Welt macht einfach Spaß“, erzählt Christl. Zwar gebe es hin und wieder Sprachprobleme, aber am Ende – und sei es mit Händen und Füßen – verständige man sich doch. „Das sind alles sehr zuvorkommende Leute, der Umgang miteinander ist sehr angenehm“, findet Walter. „Unsere vier Kinder schauen sich mittlerweile gerne die Aufführungen auf der Seebühne an. Das war früher nicht der Fall“, berichtet Christl stolz. Sie feierte vor vier Jahren ihren 70. Geburtstag auf der Hinterbühne, im Kreise ihrer Festspiel-Kollegen. An das (gesungene) Ständchen sowie das Trompeten-Solo denkt sie gerne zurück. Seitdem ist klar: Ihren 80er möchte sie wieder hier feiern.
Unser Mitgefühl
Kurz nach unserem Interview-Termin ist Walter Dür leider gestorben. Es war Christls Wunsch, dass der Text dennoch erscheint. Ihr und allen Angehörigen gilt unser aufrichtiges Mitgefühl.
Bilder: Marina Schedler Photography
Text: Thorsten Bayer