Du gruseliges, heimeliges Städtle, du
Die Bregenzer Altstadt: Von Wappen, Sagen und Verließe
Ob es ein Haifisch aus dem Bodensee ist, ein gar nicht mal so antiker Türmer von St. Martin, eine kriegsentscheidende Amazone, eine Galgenglocke oder ein „Gefangenenhaus“: Die Bregenzer Oberstadt fasziniert uns dank ihrer mittelalterlichen Gebäude, von denen die meisten weit mehr als nur eine Geschichte zu erzählen wissen.
Vom touristischen Treiben am See oder der hektischen Einkaufswelt der Innenstadt scheint die Bregenzer Oberstadt mehr als nur einen steilen Stadtsteig entfernt. Schon von weitem sieht man die alten Befestigungsmauern, die – je nach Charakter – einen bedrohlichen oder beruhigenden Eindruck auf die Besucher machen. Bereits am Eingang, dem historischen Stadttor, lässt man die moderne Welt außen vor. Historische Wappen, ein mumifizierter Haifisch und das Relief einer keltischen Göttin lassen jeden sofort in eine mystisch-mythische Welt eintauchen und an Zeitalter denken, in denen Kulte, Kriege und Ketzer allgegenwärtig waren.
Der Bregenzer Türmer
Den etwas antiquiert klingenden Titel des „Türmers“ gibt es heute noch. Bis vor zwei Jahren wohnte dieser sogar im Martinsturm, dem barocken Wahrzeichen der Landeshauptstadt. Auch wenn man beim „Türmer von St. Martin“ unweigerlich an den „Glöckner von Notre Dame“ denkt – mit der Pflege der historischen Gemäuer und den darin untergebrachten Ausstellungsräumen zur Bregenzer Geschichte obliegen der Bregenzer Türmer ganz und gar keine horrormäßigen Aufgaben. Wesentlich unwohler haben sich da vermutlich die Insassen des Gefangenenhauses gefühlt, welches mittlerweile renoviert wurde und nun passenderweise das Bundesdenkmalamt beherbergt. Und gar richtig das Grausen erfasste wohl jene, für die die „Henkersglocke“ im Martinsturm schlug, bedeutete dies doch die baldige Hinrichtung der Unglücklichen. Zum Glück kündigt sie seit vielen Jahrzehnten nur noch brav die Zeit an.
Ehret die Guta!
Im Alten Rathaus (1662), dem größten Fachwerkbau der Stadt, werden ebenfalls keine politischen Entscheidungen mehr getroffen, wohl eher im Deuringsschlössle. Das im 17. Jahrhundert erbaute Kleinod diente schon Malern wie Egon Schiele als Motiv und beherbergt mittlerweile den bekanntesten Gourmettempel der Stadt, in dem die Reichen, Mächtigen und Genießer aus nah und fern zu dinieren pflegen. Ihre Wagen parken sie dann meist auf dem Ehreguta-Platz – oft nicht wissend, was es mit dieser „Guta“, die da geehrt werden soll, auf sich hat. Das alte Weiblein rettete anno 1406 die Bregenzer vor einem Angriff der Appenzeller, welche sie heimlich belauscht hatte. So verdanken wir es wohl jener Guta, dass uns die Oberstadt, in der fast jedes Haus ein Fotomotiv darstellt, als Ort der Ruhe, der Besinnung und – ein klein wenig – des Grusels erhalten geblieben ist und nicht von den mittelalterlichen Horden geschliffen wurde. Das ist allemal einen Platz und einen nach ihr benannten Brunnen wert. Schließlich entwickelte sich die Oberstadt mehr und mehr zu einem Kleinod nicht nur für die Bregenzer, sondern für jeden historisch Interessierten der Region. Ein Kleinod, dessen Besuch unbedingt lohnt!