Annäherung mit Aussicht
Der Anstieg nach Möggers oberhalb von Bregenz hatte es in sich, dafür belohnt uns ein grandioser Blick auf die Bregenzer Bucht mit ihren Stränden, Häfen und der Seebühne. Die dritte Etappe unserer Radwandertour ist gleich geschafft. Mara drängt zum Aufbruch (so eine Pessimistin – wegen der paar dunklen Wolken über dem Bodensee).
21. Juli, 10 Uhr:
Zelt steht, Sonne scheint
Wir sind doch Glückskinder! Es waren nur ein paar Tropfen Regen gestern, und wir zelten auf einer schönen Wiese unter alten Bäumen. Der ganze Campingplatz wirkt sehr nett. Unsere Nachbarn (hinter dem Holunderbusch) sind aus Holland, ein Ehepaar mit zwei Mädchen. Ohne die W.s würde unser Zelt heute noch nicht stehen! Wir haben wohl eine der Stangen beim Abbau gestern vergessen (ein Rätsel). Da ist man dankbar für so hilfsbereite Leute mit Improvisationstalent – und mit Kabelbinder und einem überzähligen Stück Rohr vom Strandschirm. Die W.s erzählen uns, dass sie Stammgäste auf dem Campingplatz sind. Die ganze Familie kann gut Deutsch. Weil die beiden Schwestern diesmal „Natur-pur-Urlaub“ machen, leihen sie uns auch noch ihren schicken Campingtisch und die Stühle dazu. Wenn Mara endlich den Espressokocher findet, können wir richtig gediegen frühstücken, mit knusprigen Semmeln (so heißen die Brötchen hier) vom kleinen Campingplatz-Geschäft.
21. Juli, früher Abend:
Ufernatur mit Vino
Mara liegt faul in der Abendsonne, ich tauche gleich nochmal in die grünen Fluten. Der See ist herrlich! Und er beginnt quasi vor unserem Zelt, nur über den Campingplatz, über den Radweg davor und schon steht man am Ufer mit schattigen Bäumen, Wiese und Kiesstrand. Beidseitig wachsen breite Schilfgürtel. Das Mehrerauer Seeufer ist Naturschutzgebiet, sagt mein schlaues Büchlein. Wie um es zu beweisen, stakste am Morgen, als ich schwimmen ging, ein Graureiher aus dem Schilf.
Am Nachmittag haben wir die Umgebung erkundet: Die benachbarte Badebucht heißt „Neu Amerika“, ein paar Stand-up-Paddler gleiten übers Wasser. (Sollte ich auch mal versuchen!) Wir trinken leckeren Milchkaffee am Kiosk-Café. Ein Mann am Nebentisch meint, dass hinter dem Maisfeld da drüben bester Wein angebaut werde, der westlichste Grüne Veltliner Österreichs. Wir versprechen, ihn zu probieren, und bekommen den Weg zur Heurigenwirtschaft am Hang über Bregenz beschrieben.
Gleich hinter Neu Amerika wird es wild. Im Mündungsbereich der Bregenzer Ach stapfen wir auf schmalen Pfaden durch einen Wald. Plötzlich stehen wir am Flussufer und überblicken das Delta mit seinen sanft strömenden Wasserarmen und Sandbänken, auf denen irgendwer fantastische Hütten aus Schwemmholz gebaut hat. Eine beeindruckende Landschaft, ein bisschen wie bei Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Wir haben ein Steinmännchen aufgetürmt. Das nächste Hochwasser wird es hinaus in den See tragen (mit einem Gruß von uns).
22. Juli, später Nachmittag:
Stadtleben und Grillfeste
Heute erst einmal urbanes Kontrastprogramm: Wir sind „in die Stadt“ geradelt. Das geht ruckzuck, zehn Minuten gemütlichster Radweg immer am Bodensee entlang, vorbei am Kloster Mehrerau, an einem Yachthafen, einem Strandbad und am Festspielhaus. In Bregenz ist einiges los. Auf dem Kornmarktplatz vor dem Museum und dem Theater lockt eine mächtige Platane in ihren Schatten, wir genehmigen uns einen Radler. Ich möchte ins Kunsthaus, aber Mara zieht es ins Strandbad. Sie hat beim Vorbeifahren gesehen, dass dort Beachvolleyball gespielt wird (ihre Leidenschaft).
Die Badesachen haben wir eingesteckt. Dank an die W.s für den Tipp, Bikini und Handtuch hier immer mitzunehmen! Das Strandbad ist riesig. Im großen Becken ziehen die Sportschwimmer ihre Bahnen, in dem daneben vergnügt sich die Jugend auf einer Wellenrutsche. Mara gesellt sich zu den Volleyballern, ich schwimme zu dem Floß draußen im See. Als ich eine Weile auf der warmen Holzplattform gedöst habe, weiß ich nicht mehr, ob die Wellen mich schaukeln oder der blaue Himmel über mir …
Wieder zurück am Campingplatz gibt es das verabredete Federball-Match mit den Campingnachbarn: Es nützt nichts, dass ich mich mit Mara richtig gut eingespielt habe. Die W.s sind im Badminton-Verein (haben sie aber erst nach dem zweiten Satz zugegeben!). Gleich wollen wir zusammen feiern, es gibt hier auf dem Gelände einen Grillplatz. Maras neue Freunde vom Beachvolleyball kommen auch. Und so klein ist die Welt – die drei Jungs zelten auf dem Campingplatz neben unserem.
Nachtrag 22. Juli, sehr spät!
Toller Abend, viel gelacht. Die W.s, ein Paar aus Italien und eins aus Belgien haben Camper- Anekdoten erzählt (die Familien treffen sich jeden Sommer auf dem Bregenzer Campingplatz). Mara schimpft gerade, ich soll endlich das Licht ausmachen. Wegen der Mücken. (Die will doch bloß von einem der netten Volleyball-Jungs träumen!) Das muss ich aber kurz festhalten: Wir bleiben noch. See, Kunst, Vino ich komme – bis morgen!
Bilder: Petra Rainer