15 | 06 – 06 | 10 | 2019
Vieles von dem, was in dieser Ausstellung zu sehen ist, wird selbst Kauffmann-Kennern unbekannt sein. Denn manche Vorarlberger Privatsammler zeigen erstmals ihre Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken der berühmten Künstlerin. Zudem ist es der Kuratorin Bettina Baumgärtel gelungen, verschollen geglaubte Werke aufzuspüren. Hochkarätige Leihgaben aus öffentlichen Sammlungen wie dem Victoria and Albert Museum in London ergänzen die Schau. Angelika Kauffmann (Chur 1741–1807 Rom) war bereits zu Lebzeiten ein Mythos, ihre Kunst gilt als wegweisend für den Klassizismus. Nach Dessau-Wörlitz 2018 ist die Ausstellung ab Mitte Juni im vorarlberg museum und im Angelika Kauffmann Museum in Schwarzenberg zu sehen.
Von Johann Gottfried Herder als „vielleicht die kultivierteste Frau in Europa“ gerühmt, zählt Angelika Kauffmann zu den herausragenden Künstlerpersönlichkeiten des 18. Jahrhunderts. Sie gilt als die erste Künstlerin von europäischem Rang. In jungen Jahren als Wunderkind gefeiert, wagte sie nach ihrer Ausbildungsreise durch Italien den Sprung nach London, wo sie sich einen lukrativen Kreis von Auftraggebern für ihre Historien- und Bildnismalerei aufbaute. Protegiert vom englischen Hof setzte sich Kauffmann bald in der britischen Kunstszene als innovative Historienmalerin und gefragte Porträtistin durch. Ab 1782 eröffnete sie eines der bestbesuchten Ateliers ihrer Zeit in Rom. Angehörige der Hocharistokratie und des Adels, aber auch Bürgerliche und Geistliche überhäuften sie mit Aufträgen, darunter Kaiser Joseph II. von Österreich und die russische Zarin Katharina die Große.
Unbekannte Schätze
Rund 160 Ölgemälde, Zeichnungen, eigenhändige Radierungen und Nachstiche sowie Bildnisbüsten, Briefe und Lebensdokumente aus dem Nachlass bilden in der Ausstellung einen Querschnitt durch das umfangreiche Schaffen der Künstlerin. Der Großteil der ausgestellten Exponate stammt aus Vorarlberger Privatsammlungen. Einige der Vorarlberger Sammler sind als Nachfahren der Künstlerin in den Besitz einzelner Werke gelangt – ihr Nachlass wurde 1830 aus Rom nach Vorarlberg gebracht. Andere erwarben aus Interesse an der Kunst und Geschichte ihres Landes Werke von Angelika Kauffmann auf dem regionalen und internationalen Kunstmarkt. Das Hauptmotiv der Ausstellung, die schöne Flora aus dem Jahr 1790, ist in einer dieser Sammlungen zu finden, aber auch neu entdeckte Entwürfe zu Goethes Drama Egmont.
Die Ausstellung in Bregenz und Schwarzenberg
Wie wurde Kauffmann zur Meisterin der Radierkunst? Welches Frauenbild prägte sie mit ihrer Kunst? Warum stieg sie in London zur Lieblingskünstlerin der High Society auf? Diesen und weiteren Fragen geht die Bregenzer Ausstellung in acht Kapiteln nach. In Schwarzenberg, dem Heimatort ihres Vaters und ersten Lehrers, wird ein ganz besonderes Kapitel aufgeschlagen: Hier treffen einzigartige Frühwerke auf meisterhafte Spätwerke. Sie spannen den Bogen zur Schwarzenberger Kirche mit den Fresken des jungen Talents und dem Altarbild der reifen Meisterin. Der renommierte Auftrag des Papstes zu einem Altargemälde für den italienischen Wallfahrtsort Loreto wird dort ebenso vorgestellt wie das letzte, im Kunsthandel aufgetauchte Gemälde „Die hl. Maria Magdalena“. Die Künstlerin hat es kurz vor ihrem Tod vollendet.
Die Ausstellung in Bregenz und Schwarzenberg ist in Kooperation mit der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz in Sachsen-Anhalt und dem Angelika Kauffmann Research Project (AKRP) entstanden. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes bereitet die Kuratorin Bettina Baumgärtel ein kritisches Werkverzeichnis vor.
Zur Ausstellung ist ein wissenschaftlicher Katalog erschienen:
Angelika Kauffmann. Unbekannte Schätze
Hg.: Bettina Baumgärtel für die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und für das vorarlberg museum
300 Seiten, ca. 250 Abbildungen
29,90 EUR
Hirmer Verlag
ISBN 978-3-7774-3084-3